Heil-Hitler-Rufe vor Flüchtlingsunterkunft in Adelebsen

bnr6_logo Noch vor der Belegung der Albert-Schweitzer-Schule in Adelebsen mit 200 Flüchtlingen haben sich dort Rechtsradikale in Stellung gebracht. Die Polizei hat nach eigenen Angaben vier Tatverdächtige ermittelt, die am Sonnabend um 3.30 Uhr rechtsextreme Parolen gerufen haben sollen.

Adelebsen. Nach derzeitigen Erkenntnissen sollen unter anderem Ausrufe wie „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“ gefallen sein. Die Ermittlungen dauern laut Polizei an.
Zum Tatzeitpunkt seien Mitarbeiter eines Hilfsdienstes damit beschäftigt gewesen, Vorbereitungen für den geplanten Einzug von 200 Flüchtlingen in das leerstehende Schulgebäude zu treffen. Gegen 3.30 Uhr sei plötzlich der mit vier Männern besetzte VW Golf unmittelbar vor dem Schulgrundstück aufgetaucht. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich ein 50 Jahre alter Helfer und einige seiner Kollegen auf dem Vorplatz des Geländes auf. Der 50-Jährige sprach die vier Insassen des Wagens an und forderte sie auf, sich zu entfernen. Dem kam der 20 Jahre alte Fahrer des Golf schließlich nach.

Im Wegfahren sollen dann nach Angaben des 50-Jährigen aus dem Fahrzeug heraus die genannten Parolen und weitere Äußerungen skandiert worden sein. Der Helfer reagierte sofort und alarmierte die Polizei. Im Rahmen der Fahndung konnte der VW Golf nur wenig später auf der Langen Straße in Adelebsen gestoppt werden. Bei den vier Insassen handelte es sich um drei Männer aus dem Ort im Alter von 20, 20 und 23 Jahren sowie einen 30 Jahre alten Mann aus Dransfeld. Einige von ihnen sind laut Polizei bereits im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Eigentumsdelikten in Erscheinung getreten.

Der verdächtige VW Golf war bereits einige Stunden zuvor in Adelebsen aufgefallen, weil das Fahrzeug zusammen mit drei weiteren Autos im Konvoi und mit quietschenden Reifen durch die Straßen gefahren sein soll. Anwohner meldeten dies gegen 0.30 Uhr der Polizei, die die vier Autos kurz danach auf der Lödingser Straße anhielt, kontrollierte und die Personalien der Fahrer feststellte. Als derselbe VW Golf drei Stunden später vor der Flüchtlingsunterkunft in der Burgstraße auftauchte, saßen neben dem 20-jährigen Fahrer zwei der bereits zuvor überprüften Männer mit bei ihm im Auto.

Die Polizei sprach einen Platzverweis für den gesamten Bereich des Schulgeländes aus. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Im Vorfeld der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen in Schulen in Rosdorf und Adelebsen hat die Polizei Göttingen ihre Präsenzstreifen intensiviert.

In der Nacht zu Sonnabend gingen neben dem Vorfall in Adelebsen noch zwei weitere Mitteilungen über verdächtige Beobachtungen bei der Polizei Göttingen ein. So wurde von einem Mitarbeiter im Grenzdurchgangslager Friedland gegen 20.45 Uhr ein mit zwei Männern besetzter Mercedes bemerkt, der vor der Unterkunft zunächst auf- und abfuhr. Die beiden Insassen erkundigten sich laut Polizei später beim Wachpersonal nach den aktuellen Belegungszahlen. Auch dieser Mitarbeiter informierte sofort die Polizei. Anhand des von ihm notierten Kennzeichens wurde der Fahrer des Wagens von einer Funkstreife zuhause befragt. Der 23-Jährige aus Göttingen gab laut Polizei an, dass er sich das Objekt zusammen mit einem 20 Jahre alten Bekannten nur einmal habe anschauen wollen. Gegen 0.55 Uhr sollen darüber hinaus zwei männliche Personen vor der Rosdorfer Flüchtlingsunterkunft aufgetaucht sein. Dies teilte ebenfalls ein Mitarbeiter eines Hilfsdienstes der Polizei mit. Eine sofort nach den Personen eingeleitete Fahndung verlief aber ergebnislos.
Der Polizeipräsident der Polizeidirektion Göttingen, Uwe Lührig, zu den Vorfällen:

„Brutale, hinterhältige Angriffe auf wehrlose Menschen, die in ihrer aktuell so schwierigen Situation unser aller Hilfe dringend benötigen, so wie erst vor wenigen Tagen in Salzhemmendorf geschehen, werden wir als Polizei konsequent unter Ausschöpfung wirklich aller uns zur Verfügung stehender Mittel und Rechtsgrundlagen verfolgen.

Wer dennoch glaubt, aus der Anonymität heraus fremdenfeindliche Straftaten begehen und dann ungeschoren davonkommen zu können, soll wissen, dass die vielen Helferinnen und Helfer, Anwohner und Nachbarn sehr sensibel und wachsam sind und nicht zögern sofort die Polizei über verdächtige Beobachtungen jeglicher Art zu informieren.

Wie schon in Salzhemmendorf waren es auch in Göttingen wieder aufmerksame Zeugen, die sofort richtig gehandelt und die Polizei über ihre Beobachtungen informiert haben. Dafür gebührt allen diesen Hinweisgebern mein tiefster Dank.“

Von Jörn Barke, Göttinger Tageblatt vom 29.08.2015 18:03